Wofür engagierst du dich?

Unterwegs im Kleinbasel fragte mozaik-Reporterin Dragica Marcius Passanten: «Was verstehen Sie unter Engagement? Und was bedeutet das für Sie?» 

Die deutsche Übersetzung des französischen Wortes «s’engager» bedeutet: Sich für etwas verpflichten. Heute verstehen wir darunter: Sich einsetzen, an etwas Interesse haben, etwas tun oder sich an etwas beteiligen. 

Harald (48) erzählt mir, dass er sich in einer Zeitbörse engagiert. Auf meine erstaunte Frage, was eine Zeitbörse sei, antwortet er: «Engagierte Menschen bieten in einem professionellen Netzwerk Dienstleistungen zum Tausch gegen Zeit an. Für die Leistungen bekommen die Menschen dann kein Geld, sondern Zeit auf ein Konto gutgeschrieben. Diese gutgeschriebene Zeit kann man dann als Dienstleistung einziehen. Zum Beispiel Computerreparaturen gegen Umzugshilfe, Fensterputzen gegen Aufgabenhilfe oder Einkaufen gegen Gassigehen mit dem Hund. Zeitbörse ist ein Beziehungsnetz zwischen Menschen, die einander mit ihren unterschiedlichen Fähigkeiten helfen können.»

Peter (28) kann sich wegen einem Geburtsleiden nur mit dem Rollstuhl fortbewegen. Nichtsdestotrotz besorgt er am Samstag mit seinem Rollstuhl für das alte Nachbarehepaar die Grosseinkäufe bei Migros und Coop und macht andere Besorgungen für sie. «Meine Familie lebt in Winterthur und ich kann neben meiner Arbeit als Informatiker diese Erledigungen gut machen. Oft werde ich gefragt, was ich für mich allein mit so vielen Lebensmitteln machen würde, die gerade mal auf den Rollstuhls passen. Aber die sind ja für meine alten Freunde und für mich», sagt er.  

Sven (12): «Da wir in unserer Wohnung keine Haustiere halten dürfen, was ich ja Schwachsinn finde, gehe ich regelmässig mit dem Hund unserer Nachbarin spazieren. Das ist ein grosser Golden Retriever. Er ist ganz brav und gut erzogen. Ausserdem zieht er nicht an der Leine. Wenn er ziehen würde, könnte ich ihn nicht halten. Zum Schnuppern und Beinhochheben lasse ich ihm immer genug Zeit und wenn wir in den Langen Erlen sind, kann ich ihn sogar von der Leine lassen. Das macht dann besonders Spass, wenn ich ihm die Holzstöcke weit weg werfe. Er bringt sie mir dann und wedelt und bellt und dann muss ich den Stock wieder werfen.» 

Esther (25): «Ich engagiere mich in der Klimapolitik. Verfolge alles, was international läuft und mache mit, wenn gegen die Ausbeutung der Ressourcen der Erde demonstriert wird. Mit Kommilitonen und Kommilitoninnen aus der Uni haben wir Arbeitsgruppen, in denen diskutiert wird, wie man das viele Plastik vermeiden oder ersetzen könnte. Gerade haben wir Kontakt mit einer Fabrik in Indien, die Jutetaschen für die Supermärkte produzieren könnte. Jute ist billig, ist recycelbar und bringt beim Anbau für viele Menschen Arbeitsplätze. Sich aufregen ist das eine, aber Alternativen vorschlagen ist das andere.»

Chantal (65): «Eigentlich bin ich ja pensioniert und müsste nichts mehr machen. Aber ich arbeite immer noch regelmässig im Tageshaus für Obdachlose an der Wallstrasse in Basel. Bei der Essensausgabe erzählen die Obdachlosen mir ihre Sorgen und Nöte. Ich berate sie, so gut ich kann, wo sie zum Beispiel duschen ykönnen oder wo sie ihre Wäsche waschen können. Wichtig ist für sie, als Menschen wahrgenommen zu werden. Wenn jemand sie nur als ‹Suchthuuffe› behandelt und sie manchmal mit Füssen tritt, wenn sie am Boden betteln, tut das weh. Nicht nur Almosen zu bekommen, sondern als Mensch wahrgenommen zu werden ist wichtig für diese Menschen.»

Elisabeth (68) hütet regelmässig ihre beiden fünf- und siebenjährigen Enkel, während die Eltern der Kinder ihrer Arbeit nachgehen. «Ich habe gar nicht gewusst, dass noch so viel Schalk im mir stecken würde. Mit der Lebendigkeit der Kinder werde ich selber wieder jung und fange an, mit ihnen Schabernack zu machen oder albern zu lachen», erzählt sie mir. 

Text: Dragica Marcius