Briefkästen in einem Mehrfamilienhaus (Bild: Benno Gassmann)

Was Briefkästen erzählen

Die babylonische Vielfalt der Sprachen zeigt sich an der Namensvielfalt an den Briefkästen im Quartier.  Was denken sich unsere mozaik-Verteiler:innen dabei? Nachfolgend ein fiktives Gespräch von zwei Verteilenden, während dem sie das neueste mozaik in die Briefkästen stecken. Gelauscht und aufgezeichnet hat es Benno Gassmann.   Sarah: Sag mal Otto, schaust Du auch ab und zu genauer hin, was auf den Briefkästen steht? Otto: Du meinst die verschiedenen Namen? Etwa gerade hier: Yarimcelik Niazi. Oder Kesete Tsegeweini. Oder E.K. Sanci.  S: Und daneben allerdings ein D. Schär  oder M. Wartenweiler.  O: Diese letzten zwei kann ich sogar fehlerfrei aussprechen! S: Die ersten drei Namen, die Du gelesen hast, da frag ich mich ehrlich, was die Träger dieser Namen mit unserer Zeitung anfangen. Ob sie überhaupt etwas verstehen? O: Gut, man muss schon aufpassen: Es gibt viele Menschen mit fremdländischen Namen, die durchaus Deutsch verstehen und sprechen. Die sind ja oft schon ein Leben lang hier, aber halt mit einem ausländischen Namen. Man kann nicht vom Namen auf die Sprechkenntnisse schliessen. S: Einverstanden. Und abgesehen davon möchten wir ja auch, dass die Leute sich hier bei uns im Quartier zurechtfinden und unsere Sprache lernen.  O: Neulich habe ich beim Verteilen einem Mann mittleren Alters, der gerade im Hauseingang stand, die Zeitung in die Hand gedrückt. Er hat die Zeitung in die Hände genommen, durchgeblättert und im Editorial gesehen, dass da – wie auf der Titelseite – ein Text auf Türkisch stand. Er blickte erfreut auf und sagte: «Ach gut, da ist ja auch was auf Türkisch!» Er sagte das in gutem Deutsch! S: Hoffentlich war er nicht zu sehr enttäuscht, wenn er weiter nach Texten in seiner Sprache gesucht hat! Mir ist ein anderer begegnet, der sich ebenfalls die Zeitung angeschaut hat. Er gab mir das Blatt schulterzuckend zurück, weil er nur

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Esperanto

Esperanto – die Plan-Sprache sollte dem Weltfrieden dienen. Aus einem Interview mit Roger Winterhalter, 85 Jahre alt, ehemaliger Bürgermeister von Lutterbach im Elsass und Weltbürger seit vielen Jahren. “In meinen Reden und Interventionen bezeichnete ich mich oft als Weltbürger. Und in meiner Vergangenheit, ganz zentral im Algerienkrieg, wo ich in die französische Armee eingezogen wurde und mich aber für die Gegenseite einsetzte, war ich bereits ein Weltbürger. Das Motto der Weltbürger heisst: Die Angelegenheiten der Welt sind die Angelegenheiten jedes einzelnen. Da ich mich oft öffentlich zu meinem Weltbügertum bekannte, wurde ich von Frau Marchan, die eine herausragende Persönlichkeit der Weltbügerbewegung ist, angefragt, ob ich Teil dieser Bewegung werden möchte. Ich kannte diese Bewegung und ihre Strukturen bisher nicht, und so wurde ich Mitglied. Es gibt den Kongress der Völker, der eine globale Regierung abbilden sollte aus den aktiven und gewählten Weltbürgern. Alle paar Jahre finden Wahlen statt. Ich wurde gewählt und ein Jahr später wurde ich zum Präsidenten des Kongresses gewählt. So lernte ich diese Bewegung kennen. Es gibt das Register der Weltbürger, dann gibt die Organisation ‚Weltsolidarität gegen den Hunger‘, welche weltweit solidarische Projekte unterstützt. Ich nahm immer mehr eine tragende Rolle in dieser Bewegung ein. Ich lernte die Esperantisten kennen. Offiziell sind sie nicht Teil der Weltbügerbewegung, aber sie sind aktive Mitglieder. Ihr Ziel ist eine universelle Sprache. Ich machte mehrere Male den Versuch Esperanto zu lernen, aber ich hatte zu wenig Zeit dazu. Du kannst wohin auch immer auf der Erde, in den Süden, in den Norden, überall findest du Esperantisten oder eben auch Weltbürger. An der Anzahl gemessen, sind es vielleicht nicht viele, aber es gibt sie überall. Du gehts nach Belgien und du findest Sie. Das erste Mal als ich nach Senegal ging, nahm ich Kontakt auf mit Weltbürgern von Senegal und sie empfingen

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(© WTO/ Cuika Foto)

Warum gibt es überhaupt Sprachenvielfalt?

English Türkçe Der Sprachwissenschafter Rudolf Wachter hat eine verblüffend einfache Erklärung. Christian Vontobel befragte ihn fürs mozaik.  mozaik: Herr Professor Rudolf Wachter, weshalb gibt es eigentlich verschiedene Sprachen? Rudolf Wachter: Das ist eigentlich eine ganz einfache Sache: Man nehme eine Gruppe von Menschen, die dieselbe Sprache sprechen, teile sie in zwei Hälften und schicke die eine Hälfte weg. Da sich Sprache immer entwickelt, egal ob äusserer Einfluss mitspielt oder nicht, wird sich die Sprache der beiden Gruppen im Laufe der Generationen in zwei verschiedene Sprachen aufspalten. Ich würde schätzen, dass nach 250 Jahren die Kommunikation zwischen Mitgliedern der beiden Gruppen noch gut funktioniert, nach 500 Jahren aber schon ziemlich schlecht und nach 1’000 Jahren gar nicht mehr. Dann können nur noch Sprachwissenschaftler die Verwandtschaft der beiden Sprachen feststellen, vor allem durch Beachtung des regelmässigen Lautwandels (in der einen oder der anderen Sprache oder in beiden), wie er z. B. zwischen Englisch und Deutsch in den Beispielen red – rot, dead – tot, bread – Brot, lead (Blei) – Lot, shred – Schrot zu beobachten ist. Aus der Sprachentwicklung entsteht also die Sprachverwirrung, wie sie schon beim Turmbau zu Babel geschildert wird. In welchem Zeitraum verschwinden die Verwandtschaftsmerkmale gänzlich? Nach etwa 10’000 Jahren ist sogar von solchen nicht mehr offensichtlichen Verwandtschaftsmerkmalen nichts mehr vorhanden, denn Sprachen verändern sich auch in ihrem Wortschatz, ihren Formen, Satzbildungsregeln, kurz: Auf lange Sicht bleibt kein Stein auf dem andern. Da kann man sich leicht vorstellen, wie fundamental und tausendfach sich die menschlichen Sprachen in den mindestens 200’000 Jahren, die unsere Spezies schon existiert – und zweifellos auch spricht – verändert haben, bevor sie ganz zufällig so geworden sind, wie sie jetzt gerade sind. Sprachen als mündliches Kommunikationsmittel verändern sich also permanent; wie aber wirkt sich die geschriebene Sprache aus? Es gibt Faktoren, die den Sprachwandel

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Mehr Grün und mehr Platz für den Langsamverrkehr statt für Blech – das verlangen die Stadtklima-Initiativen (© mozaik 2023)

Für Klimaschutz und Lebensqualität

Am 26. November stimmen wir über mehr Bäume und die Förderung der klimafreundlichen Mobilität zu Fuss, mit dem Velo und im ÖV ab.  Wir haben es diesen Sommer erlebt: Die zunehmenden Hitzetage und Tropennächte bringen uns um den Schlaf und belasten die Gesundheit, insbesondere diese von älteren und kranken Menschen. Ganz besonders betroffen sind Menschen in dicht bebauten Quartieren wie dem Kleinbasel. Mehr Bäume und Grünflächen kühlen unsere Quartiere und verbessern die Luft- und Lebensqualität. Deshalb möchten die beiden Stadtklima-Initiativen (die Gute-Luft-Initiative und die Zukunfts-Initiative), dass während zehn Jahren jährlich 0,5 Prozent der Strassenfläche in Grünflächen mit Bäumen umgewandelt werden. Wie wir an der Klybeckstrasse, aber auch an vielen Quartierstrassen sehen können, wird bis jetzt trotz monatelangen Baustellen oft kein einziger zusätzlicher Baum gepflanzt. Mit der den Stadtklima-Initiativen sollen diese Gelegenheiten genutzt werden und die Begrünung gezielt in laufende und künftige Projekte integriert werden. Dafür braucht es eine bessere Koordination der ohnehin geplanten Baustellen. Neben zusätzlichen Bäumen und Grünflächen fördern die Stadtklima-Initiativen mit sicheren Velowegen, attraktiven Begegnungszonen und separaten Bus- und Tramspuren den Umstieg auf klimafreundliche Verkehrsmittel. Sie tragen gezielt dazu bei, den vor einem Jahr von der Bevölkerung beschlossenen Klimaschutz mit Netto-Null 2037 umzusetzen.  Es wurde lange genug gewartet; es braucht jetzt Taten, um der zunehmenden Hitze in Basel entgegenzutreten. Danke für Ihre 2 x Ja für ein gutes Stadtklima. Tonja Zürcher Weitere Informationen:

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Schaufenster mit dem Schiftzug "Willkommen" in verschiedenen Sprachen. (© Emma Brüllmann, 2023)

A true mozaik Story

Several times a week I visit our local shop. Since grocery stores can now be open so late at night, my life has changed for the better. Our proprietor just up the street is Turkish. I walked over this evening, intent on some rosé to take the heat wave down a peg. He had just lit a cigarette outside but he had the generosity to pop back in as soon as he saw me. I had not been in the store ten seconds when the telephone rang. Someone on the other end of the line was upset. The storekeeper immediately sensed that the issue was the cell phone that had been left outside on the bench where all the workers have a beer and a chat after their long days on building sites. But he got no further than that. The caller did not speak much German. Just then however, another customer joined us in the store. “You speak Italian, right?” queried our store man. “Well, actually Portuguese,” the customer answered. But he took the phone and tried to tell whoever was calling that the cell phone had been found and could be picked up at the store. But the caller still seemed agitated. The store telephone was subsequently passed on to me. In the mixture of English and Italian that I tried to speak, I believe that the caller got it that the store closes at 10 and opens again at 10 in the morning and that the cell phone could be picked up anytime. He calmed down and hung up. In one minute a good deed had been done and we all felt good about being citizens of multicultural Kleinbasel using all the means at hand to communicate.   Claire Bonney

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Grabstätte der drei wundertätigen Jungfrauen im «Langen Holz» zwischen Wentzwiller und Hagenthal. (Foto: Martin Schulte-Kellinghaus)

Das Drei-Jungfrauen-Grab in der Waldlichtung

Dem Kreuzweg entlang spazieren wir zum von vielen Legenden umwobenen Ort. Im Zentrum von Wentzwiller, einem hübschen Dorf unweit von Folgensbourg, gibt es einen Wegweiser mit der Ortsangabe «Aux trois vierges». Er führt zu der idyllischen Lichtung «Im langen Holz» im Wald zwischen Wentzwiller und Hagenthal, wo im Schatten von Buchen die Grabstätten von drei wundertätigen Jungfrauen liegen. Über die Herkunft der drei Frauen ist nichts Genaues bekannt; laut der Überlieferung sollen sie hier in der Einsamkeit fromm gelebt und Gutes getan haben, bevor sie von Unbekannten ermordet wurden. Der vom Blut der drei Frauen gerötete Wallbach soll den Bewohnern von Wentzwiller die Untat verraten haben. Sie bestatteten die drei Frauen mit allen Ehren im Wald, und im Laufe der Zeit entwickelte sich eine lebendige Wallfahrt zu diesem Ort. Votivgaben und Bilder, die in alten Schriften beschrieben sind, berichten von Hilfe bei Gehbehinderungen und Zahnschmerzen, aber auch Wöchnerinnen suchten hier Beistand.  Im 19. Jahrhundert wollte der Pfarrer von Wentzwiller mit der Legende aufräumen. Er liess die Gräber unter den Buchen öffnen und fand zu seinem Erstaunen drei Skelette, die er auf den Friedhof überführen liess. Nach der Bestattung begann ein sintflutartiger Regen, der erst aufgehört haben soll, als die drei Eremitinnen wieder an ihrem alten Platz im Wald lagen.  Eine ganze Reihe von Legenden rankt sich um diese Geschichte – man kann sie am Grab nachlesen. So werden die drei Frauen unter anderem mit der heiligen Ursula in Verbindung gebracht, Tochter eines bretonischen Königs, die auf der Rückkehr von einer Pilgerfahrt nach Rom mit ihren zehn Gefährtinnen (daraus wurden später wohl durch einen Lesefehler elftausend Jungfrauen) im 4. Jahrhundert bei Köln von den Hunnen umgebracht wurde. Einige der Begleiterinnen sollen sich bereits in Basel abgesetzt haben (das Elftausendjungferngässlein, das vom Rheinsprung zur Martinskirche hinauf führt, erinnert daran), und diese sollen

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Das Ensemble Theater Power Flower auf der Bühne im Stück «Ablaufdatum» (Foto: Janick Zebrowski)

Wenn Ältere auf der Bühne aufblühen

Power Flower – ein ungewöhnliches und erfolgreiches Theaterprojekt von Regisseurin und Theaterpädagogin Dalit Bloch. Das Jahr 2020 war nicht nur Krise. Es gab durchaus auch grosse Chancen. Die Kleinbaslerin Dalit Bloch hat diese Chance genutzt. Da Theater spielen und Regie führen wie gewohnt nicht mehr möglich waren, musste sie was anderes schaffen. Die Idee war geboren und der Verein Theater Power Flower wurde gegründet mit der Absicht, ein Theaterprojekt der anderen Art auf die Beine zu stellen und dafür Geld zu suchen. Es sollte Menschen, welche über 60 Jahre alt waren, zusammenbringen, um gemeinsam zu improvisieren, sich im Rollenspiel auszuprobieren, sich mit Texten oder Gedichten an Sprachtechnik wagen und dabei die Welt des Schauspiels zu erkunden. Auch sollte so das eigene Selbstwertgefühl gestärkt werden. Geplant war nach dieser Phase eine professionell geführte Aufführung. Sie gelangte im Herbst 2020 ans Radio DRS und konnte dort ihr Projekt vorstellen und über ihre Ideen sprechen. Kaum war die Sendung über den Äther ausgestrahlt worden, bekam der Verein massenweise Anmeldungen, und sie konnte im selben Herbst mit zwei Gruppen anfangen. Nach der anfänglichen Kennenlernphase kamen bald körperliches Training, Sprach- und Atemschulung, Improvisation und vieles mehr dazu. Die Theaterwerkstätte fanden im Raum Gelber Wolf auf dem Wolf statt. Während der Pandemie musste Power Flower immer wieder behördliche Einschränkungen annehmen und überwinden. Nach der Werkstattphase entschieden sich 14 Personen, in der Tanz-Theaterproduktion mitzuwirken. Dalit zog dafür noch ein junges professionelles Team hinzu, bestehend aus drei jungen Tänzer:innen, einem Videokünstler und einem Musiker. Das Ziel war gesetzt: Es sollte eine Aufführung geben unter dem Titel «Because the world is round – wenn Weite und Nähe sich begegnen»! Preisgekrönt Und dieses Ziel wurde erreicht. Und wie! Acht ausverkaufte Aufführungen krönten die Arbeit der ganzen Gruppe, des Vereins und der Projektidee. Das Echo in den Basler Medien war gross

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Historische Aufnahme des Silos auf der Erlenmatt

Ein Gastraum mit einer Werkbank 

Neue Betreiber, frisches Konzept: Das Silo inmitten des Erlenmatt-Quartiers ist wieder zum Umschlags- und Begegnungsort geworden.  Lange Zeit dämmerte das ehemalige Lagerhaus ungenutzt vor sich hin, bis es von der Aufbruchseuphorie des neu entstehenden Stadtquartiers Erlenmatt erfasst wurde. Glücklicherweise erkannte die Stiftung Habitat, die Eigentümerin des Teil-Areals Erlenmatt Ost, die historische Bedeutung und die Qualität des alten Silogebäudes. Die Umgestaltung des Gebäudes erfolgte durch die Stiftung Habitat und das Basler Architekturbüro Harry Gugger Studio. Der charakteristische, industrielle Ausdruck des Eisenbetonbaus wurde bewahrt, während das Gebäude gleichzeitig zeitgemäss aufgerüstet wurde. Das ursprünglich freistehende Silogebäude ist heute Teil der Zeilenbebauung entlang der Signalstrasse. In seiner unmittelbaren Umgebung befinden sich ein Wohnhaus für Studierende, ein Wohn- und Atelierhaus für Kunstschaffende sowie hofseitig zwei weitere Wohnhäuser. Doch anstelle von Waren werden hier Geschichten, Visionen und Projekte ausgetauscht. Zahlreiche Ateliers und Arbeitsräume, ein Hostelbetrieb, ein Restaurant mit Bar und Seminarräume beherbergt das Silo.  Der Betrieb des neu gestalteten Gebäudes wurde vom Verein «Silo by Talent» übernommen. Die jungen Talente, die im Silo erste Schritte in die Selbständigkeit wagen durften, hatten jedoch einen herausfordernden Start. Kaum wurde das Haus fertigstellt und seine Türen geöffnet, ging es in den ersten von vielen darauffolgenden Lockdowns und die Türen blieben über Wochen geschlossen.  Dank seiner grosszügigen Raumdimensionen konnte die Betreiberschaft flexibler auf die Pandemiebedingungen reagieren als andere Gastronomieeinrichtungen, dennoch erlebte sie während der Pandemie Höhen und Tiefen.  Neue Betreiberin Seit dem 1. Juli 2023 hat nun eine neue Betreiberin Restaurant und Hostel im Silo übernommen. Die «Krafft»-Gruppe präsentiert seit diesem Sommer das frische Konzept. Nach dem Betreiberwechsel wurden Anpassungen am gastronomischen Angebot und Service vorgenommen sowie kleinere bauliche Massnahmen umgesetzt. So wurde beispielsweise eine neue Querwand eingezogen und die Fläche für die Gastronomie verkleinert. Zusätzlich zur bestehenden Möblierung finden Besucher:innen im Gastroraum auch eine Werkbank. Diese lädt zum Mitmachen

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Wachtmeister Sacha Lüthi und Dunja Stäheli beim «hotspot» Attila-Passage (Foto: Adeline Stelzer)

Ringen um die Lebensqualität

Ein Dorf macht sich Sorgen über die Entwicklung. Interview mit Dunja Stäheli, Vorstand Dorfverein Kleinhüningen.  Zürich hat ein Dorf. Das «Niederdorf». Basel hat drei Dörfer. Bettingen, Riehen, Kleinhüningen. Riehen und Kleinhüningen haben einen gemeinsamen Grenzverlauf. Sonst eher wenig Gemeinsamkeiten. Aber: Das Dorf Kleinhüningen hat einen Dorfverein. Seit mehr als vierzig Jahren ist der Verein bestrebt, die Lebensqualität zu erhalten und zu steigern. Dieses Bestreben wird mit einer Realität konfrontiert, die an der letzten GV des Vereins zur Sprache kam. Vorstandsmitglied Dunja Stäheli wies in ihrer Präsentation auf Ereignisse hin, über die sich die Einwohnerschaft Gedanken und Sorgen macht. Wir haben sie befragt: Dunja, was ist dein Ressort im Verein und wie kannst Du Deine Vorhaben umsetzen?  Mein Ressort im Dorfverein Pro Kleinhüningen umfasst Schule und Soziales. Wir als Dorfverein Pro Kleinhüningen stehen im engen Kontakt mit den ansässigen Schulen, dem Departement für Wirtschaft, Soziales und Umwelt, dem SEM Staatssekretariat für Migration in Bern und der Kantonspolizei Basel-Stadt. Wir sind sehr gut vernetzt. Wie sind dir die Probleme bekannt geworden? Ich lebe seit über 35 Jahren in Kleinhüningen und habe dadurch einen sehr engen Bezug zur Bevölkerung. Die Dorfbewohner haben sich mit diversen Anliegen und Zwischenfällen an mich gewandt. Sie fühlen sich zunehmend unsicher im Quartier. Diebstähle, Drogenhandel, Pöbeleien und Müll im öffentlichen Raum haben in den letzten Jahren deutlich zugenommen. In Zusammenhang mit den beiden Bundesasylzentren sind weitere Unsicherheiten dazu gekommen. Es gibt verschiedene Klagen aus der Nachbarschaft, dass Frauen von Bewohnern der Anlagen verbal belästigt worden seien und die Nachtruhe erheblich gestört und im öffentlichen Raum uriniert werde. Was hast du in die Wege leiten können? Vor wenigen Wochen bin ich mit Wachtmeister mbA Sacha Lüthi vom Community Policing die «Hotspots» in Kleinhüningen abgelaufen. Währenddessen konnte ich ihm die Unsicherheiten und Klagen der Bevölkerung übermitteln. Wir werden für die

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Fritz Rösli im Gespräch im KLŸCK mit Fatma, Nergez und Kawthar. (Bild: Klÿck)

Viele Hürden mit der F-Bewilligung

Grosser Beratungsbedarf im KLŸCK bei Fragen zum Aufenthaltstitel, Arbeitssuche und Diskriminierung. Drei Frauen erzählen davon im Interview. Fritz: Wir reden heute über etwas, was euch im Alltag sehr beschäftigt: Die Schwierigkeiten, die der Aufenthaltsstatus F für euch bedeutet … Fatma: Ja, genau. Wir können nicht aus der Schweiz gehen. Das ist wie ein Gefängnis. Unsere Kinder würden auch gerne einmal Ferien im Ausland machen, so wie andere. Aber das geht nicht. Viele Dinge sind teuer hier, wir haben nur wenig Geld und dürfen nicht in Deutschland einkaufen gehen. Ich muss Freundinnen darum bitten, aber ich schäme mich dafür. Nergez: Wir haben Freunde und Familie in Deutschland und Frankreich, doch wir können sie nicht besuchen. Es beschämt mich, hier wie ein Mensch zweiter Klasse behandelt zu werden. Das ist ähnlich wie in Syrien. Warum haben wir nicht alle die gleiche Rechte? Das sind konkrete Auswirkungen. Was macht das mit euren Gefühlen?  Fatma: Wir fühlen uns minderwertig. Wir dachten, in Europa haben alle die gleiche Rechte. Doch wir fühlen uns auch hier unterdrückt, obwohl wir seit zehn Jahren hier wohnen und unsere Kinder hier teilweise geboren wurden und zur Schule gehen. Kawthar: Wir haben nach zwölf Jahren eine B-Bewilligung bekommen. Das war sehr schwierig, weil man arbeiten muss, aber mit dem F nur schwer an Arbeit kommt. Wir haben viel darum gekämpft. Nergez: Es macht Stress, Depressionen, wir machen uns viele Gedanken und Sorgen. Auch mein Mann wurde krank davon. Wie ist es auf dem Arbeitsmarkt? Gibt es da Beispiele? Kawthar: Mit der F-Bewilligung ist es sehr schwierig. Die Arbeitgeber denken wohl immer, dass wir nicht hierbleiben und geben uns deshalb keine Stelle. Sie denken, das sei ein Risiko. Die Ausweise sind nur ein Jahr gültig, das bringt Druck und Unsicherheit. Fatma: Oft bekommen wir gar keine Antworten auf Bewerbungen. Oder die

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