Historische Aufnahme des Silos auf der Erlenmatt

Ein Gastraum mit einer Werkbank 

Neue Betreiber, frisches Konzept: Das Silo inmitten des Erlenmatt-Quartiers ist wieder zum Umschlags- und Begegnungsort geworden.  Lange Zeit dämmerte das ehemalige Lagerhaus ungenutzt vor sich hin, bis es von der Aufbruchseuphorie des neu entstehenden Stadtquartiers Erlenmatt erfasst wurde. Glücklicherweise erkannte die Stiftung Habitat, die Eigentümerin des Teil-Areals Erlenmatt Ost, die historische Bedeutung und die Qualität des alten Silogebäudes. Die Umgestaltung des Gebäudes erfolgte durch die Stiftung Habitat und das Basler Architekturbüro Harry Gugger Studio. Der charakteristische, industrielle Ausdruck des Eisenbetonbaus wurde bewahrt, während das Gebäude gleichzeitig zeitgemäss aufgerüstet wurde. Das ursprünglich freistehende Silogebäude ist heute Teil der Zeilenbebauung entlang der Signalstrasse. In seiner unmittelbaren Umgebung befinden sich ein Wohnhaus für Studierende, ein Wohn- und Atelierhaus für Kunstschaffende sowie hofseitig zwei weitere Wohnhäuser. Doch anstelle von Waren werden hier Geschichten, Visionen und Projekte ausgetauscht. Zahlreiche Ateliers und Arbeitsräume, ein Hostelbetrieb, ein Restaurant mit Bar und Seminarräume beherbergt das Silo.  Der Betrieb des neu gestalteten Gebäudes wurde vom Verein «Silo by Talent» übernommen. Die jungen Talente, die im Silo erste Schritte in die Selbständigkeit wagen durften, hatten jedoch einen herausfordernden Start. Kaum wurde das Haus fertigstellt und seine Türen geöffnet, ging es in den ersten von vielen darauffolgenden Lockdowns und die Türen blieben über Wochen geschlossen.  Dank seiner grosszügigen Raumdimensionen konnte die Betreiberschaft flexibler auf die Pandemiebedingungen reagieren als andere Gastronomieeinrichtungen, dennoch erlebte sie während der Pandemie Höhen und Tiefen.  Neue Betreiberin Seit dem 1. Juli 2023 hat nun eine neue Betreiberin Restaurant und Hostel im Silo übernommen. Die «Krafft»-Gruppe präsentiert seit diesem Sommer das frische Konzept. Nach dem Betreiberwechsel wurden Anpassungen am gastronomischen Angebot und Service vorgenommen sowie kleinere bauliche Massnahmen umgesetzt. So wurde beispielsweise eine neue Querwand eingezogen und die Fläche für die Gastronomie verkleinert. Zusätzlich zur bestehenden Möblierung finden Besucher:innen im Gastroraum auch eine Werkbank. Diese lädt zum Mitmachen

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«Pulpo» – mehr als eine weitere Buvette am Rhein

Acht Arme. Neun Gehirne. Drei Herzen. Blaublütig und intelligent. Maskottchen eines Vereins. Kleines Vorwort:  Pulpo ist eine veraltete Bezeichnung für Kraken der Gattung Octopus. Der Name ist eine Variante des Wortes Polyp, das auf das Griechische πολύποδα (polypoda) zurückgeht, und somit «Vielfuss» bedeutet. Kraken können ihre acht Arme unabhängig voneinander bewegen, da jeder Arm von einem eigenen Nervenzentrum angesteuert wird. So hat ein Oktopus also neun Gehirne und übrigens auch drei Herzen! Das arterielle Herz verteilt das Blut im Körper, zwei zusätzliche Kiemenherzen sorgen für eine erhöhte Durchflussrate der Kiemen. Das Oktopus-Blut ist blau – weil nicht wie bei uns eisenhaltiges Hämoglobin, sondern kupferhaltiges Hämocyanin den Sauerstoff bindet. Im Basler Zoo leben zwei Kraken. Einer hinter den Kulissen im Vivarium, das zweite Tier ist im Schaubecken 43 zu sehen. Nun die Geschichte: Wer nach stürmischer Überfahrt oder gemächlichem Transfer, je nach Wetterlage und Wasserstand die Münsterfähre verlässt und Kleinbasler Boden unter den Füssen verspürt, dem sticht unweigerlich das Schild «Bistro Pulpo» und eine improvisierte Theke des gemeinnützigen Vereins ins Auge. Dahinter befindet sich das Pfarrhaus St. Clara. Die ausserordentlichen Eigenschaften des Pulpo, der zur Familie der Oktopusse oder Oktopoden gehört, führten zur Namensgebung. Vor sieben Jahren wurde der Name Pulpo ins Leben gerufen. Im März vor drei Jahren wurde der gemeinnützige Verein gegründet, der die Lokalität vom «Sekundenzeiger» (Robi-Spiel-Aktionen) übernommen hat.  Das «Vereinsheim»  ist das Pfarrheim St. Clara. Dort sind heute ausser den Räumen, die Pulpo benützen darf, noch andere Nutzergruppen eingemietet, mit denen, wie auch mit der Pfarrei St. Clara ein wertschätzendes und engagiertes Für- und Miteinander gepflegt wird.  Die Räumlichkeiten im Haus und davor dienen primär der Begegnung und auch der Bewirtung nach dem Motto «verzell und bstell». Pulpo ist bekannt bei Hilfesuchenden und Randständigen als Anlaufstelle. Das Büro der Pfarrei befindet sich auf derselben Etage wie das

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Hannelore Leder an ihrem Stand am Wochenmarkt auf dem Matthäusplatz (Foto: Matthias Brüllmann)

Marktfahrerin aus Leidenschaft

Konfitüre, Sirup, Senf, Obst – Hannelore Leder ist Produzentin und Marktfahrerin aus Leidenschaft. Ein Porträt von Susanne Zeugin.  Hannelore Leder, eine über 60jährige Frau, ist in Ötlingen aufgewachsen. Sie war umgeben von Obst- und Gemüsegärten, Bäumen und Reben. In den 90er Jahren erbte sie nach dem Tod des Vaters ein erstes Stück Land mit Himbeersträuchern und Obstbäumen. Bei Ihren Geschwistern, die nach wie vor in Ötlingen leben, kann sie noch die Scheune mitbenutzen und inzwischen ist das ökologisch bebaute Land noch mehr geworden.  Sie und ihr Mann Ueli (er hat seinen Stand auf dem Wettsteinmarkt) haben über die Jahre etliche Bäume und andere Beerensträucher dazu gepflanzt. Ihr Credo ist: wir arbeiten 100 Prozent Bio! Und: no food waste!  Mehr als Äpfel und Birnen Hannelore verarbeitet alles in ihrer Küche. Es entstehen dort schmackhafte Konfitüren, Sirup und Senf und verschiedene andere Spezialitäten. Selbstverständlich verkauft sie auch saisonal alle geernteten Früchte frisch an ihrem Stand auf dem Markt: Kirschen, Sauerkirschen, Äpfel, Birnen, Zwetschgen, Himbeeren in allen Farben, Brombeeren, Johannis- und Jostabeeren, Reineclaudes, Aprikosen, Trauben und Minikiwis.  Neben Mirabellen und Kakifrüchten gibt es auch Biricoccolo! Schon mal gehört? Das ist eine Pflaumenart. Was stellen Sie sich unter Indianerbananen (Pawpaw) vor? Hannelore erklärt mir, dass die Pawpawfrucht ein wenig aussieht wie eine kleine Papaya. Ich google dieses Wort und siehe da: ich finde diese in Nordamerika sehr verbreitete Frucht sofort. Der Baum wird bis 4 Meter hoch und trägt nach circa fünf Jahren Früchte. Das Fruchtfleisch ist cremig, zart und mild. Der Geschmack erinnert an Mango, Papaya, Ananas etc. und an Vanille. Was für eine Potpourri von Geschmackseindrücken! Und daraus will Hannelore selbstverständlich auch Konfitüre kochen. Lecker! Von der Grossmutter gelernt Wo hat Hannelore gelernt, Konfitüren herzustellen? Sie beobachtete ihre Grossmutter und Mutter bei der täglichen Arbeit im Bauernfamilienbetrieb. Vor Schulbeginn pflückte sie als

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Semra Bektaș und Yüksel Tasocak im EIngangsbereich ihres Restaurants (Bild zVg)

Gutbürgerliche Küche und Gastfreundschaft!

Semra Bektaș führt seit vier Jahren den «Seemannskeller». «Meine Gäste haben mich ins Herz geschlossen», sagt sie. Umgekehrt gilt das auch.  Sie kennen den «Seemannskeller» nicht? Dann ist es höchste Zeit, Sie mit dem Lokal und der Gastgeberin Semra Bektaș bekanntzumachen. Der «Seemannskeller» liegt an der Südquaistrasse 21. Dort, wohin sich Landratten kaum getrauen. Hinter einer Unterführung und einem Kreisel. Im Untergeschoss eines mächtigen Silos am Hafenbecken 2. Bevor es die Mitglieder des Seemannsclub zu ihrem Clublokal ausbauten, diente es Hafenarbeitern als Garderobe.  Beim Eintritt taucht man buchstäblich in eine andere Welt und eine andere Zeit. Schiffsmodelle, wie man sie auch im Hafenmuseum sieht (Westquaistrasse 2), Fotografien und Gemälde an den Wänden, eine Rahe mit gerefftem Segel an der Decke, die Schiffsglocke der «Regina», eine Handtrommel, mit Krokodilleder überzogen – Souvenirs, welche die Seeleute über Jahrzehnte von ihren Fahrten in ferne Länder zurückgebracht haben. An der Wand steht die «Wurlitzer». Voll stimmgewaltiger Sehnsucht. Nach einem Schiff, das kommen wird (Lala Anderson) und dich zur Insel in der Sonne bringt (Harry Belafonte), wo doch der Zug aller Wünsche schon längst abgefahren ist (Celentano).  «Dass ich noch hier bin, liegt an den Stammgästen», antwortet Semra auf die nach den Corona-Jahren naheliegendste Frage, wie sie an diesem abgelegenen Ort über die Runden kam. Sie erhielt nicht nur viel aufmunternde Post, sondern auch Spenden, von Einzelnen, aber auch vom Seemannsclub und von Firmen. Semra ist Gastgeberin mit Leib und Seele. Herzlich, aufmerksam und zuvorkommend lebt sie, was wertvoller ist als Kochmützen und Sterne: Gastfreundschaft.  Freitags gibts das «blaue Band» Der «Seemannskeller» ist von Montag bis Freitag jeweils zwischen 12 und 14 Uhr sowie 17 und 22 Uhr geöffnet. In der Küche wirkt Yüksel Tasocak. Die Karte umfasst die Klassiker der gutbürgerlichen Küche. Auch Vegetarier:innen kommen nicht zu kurz; spezielle Wünsche werden gern erfüllt. Mittags

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Das Wildschutzbeizli an der Wiese in den Langen Erlen (Foto: Adeline Stelzer)

Cannelloni und Wilder Schuss

Erst Fitness, dann Fitnessteller: Das Rezept der Freunde der Schliesse. Ihren Weg macht die Wiese von den Hängen des Schwarzwaldes, ihre Quelle liegt auf 1‘218 Metern über Meer, durch das schöne Wiesental, bis ihr hinter Lörrach noch ein paar Kilometer bleiben,  um  sich dem Rhein anzuschliessen und den Holländern ein wenig «Schwarzwaldwasser» zu gönnen. Auf dem Weg zur Mündung legt sie einen kurzen Zwischenhalt ein. Bei der «Schliesse».  Das Wasser der Wiese war für die Nachbarn  rechts und links für die gewerbliche und landwirtschaftliche Nutzung wichtig. Damit es  keinen Kampf gab, wurde die Verteilung vor 250 Jahren zwischen dem Erzherzog von Baden und der Stadt Basel  geregelt. Bei der «Schliesse» wird der Lauf zwischen der Wiese und dem Riehener Mühleteich reguliert. Die gerechte Wassermenge floss dann als Riehenteich via Badischen Bahnhof durchs Kleinbasel und beim Kleinen Klingental in den Rhein. Der Überlauf heisst «Wilder Schuss». Wenn die Wiese zu wenig Wasser hatte, musste sie bei der Schliesse wieder gefüttert werden. Dort, am Badeplatz, wurde ein Gebäude auf Pfählen errichtet, wie geschaffen zur Rast und zum Verweilen. «Wildschutzbaizli» steht auf einem Schild, das Baizli beim Wilden Schuss. Links ist es die Beiz der Freunde der Schliesse, rechts diejenige der Freunde der Langen Erlen. Warum zwei? Eine Vereinswirtschaft darf nur vier Tage sechs Stunden lang offen sein. 6 x 4 = 24 Stunden. Soviel Stunden hat ein Tag. Aber 2 x 4 macht 8, die Woche hat sieben Tage. Es wurde ein salomonischer Entscheid getroffen: Montag ist der umsatzschwächste Tag, deshalb werden die Gäste im Wochenwechsel in der einen oder andern Beiz bedient.  Der Vereinszweck ist Gesellschaft, Kontakt und Freundschaft unter den Mitgliedern. Dazu dienen zum Beispiel der Betrieb des Baizlis, ein Ausflug mit den Mitgliedern und die GV. Dieses soziale Engagement ist ein Hauptanliegen des Vereins. Mitglieder, es sind etwa 150,

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«Pomodorissimo» – Gastronomie im Quartiertreffpunkt

Deutschsprachige Version des Artikels Gastronomia nel punto d’incontro del quartiere im Mozaik 02-2022 Steven und Philipp, zwei Anwohner des Erlenmattareals, wollten aus reinem «good will» heraus das soziokulturelle Angebot verbunden mit Gastronomie vor Ort verbessern. So enstand das «Pomodorissimo». Die beiden nahmen Kontakt auf mit der Geschäftsführerin und dem Vorstand des Quartiertreffpunktes (QTP) Rosental. Dann kauften sie einen elektrischen Pizzaofen und alles, was es für eine Pizzeria braucht. Unter der Woche, am Donnerstag- und Freitagabend und im Sommer draussen am Samstagabend, gibt es sehr leckere Pizzas. Die Aussenbestuhlung und Dekorationen gleichen im Sommer einer «spiaggia» im Stile italienischer Lungomare. Im Winter stellen sie ein beheizbares Zelt auf mit herbstlich oder winterlichem Dekor. Steven und Philipp wollen mit ihrem Angebot Familien, Anwohnende, aber auch Singles ansprechen. Für Kinder gibt es im QTP ein grosses Spielzimmer. Sie organisieren interkulturelle Veranstaltungen, wie kürzlich im April die spanische Fiesta, ein Essen begleitet von Kulturprogramm. Es können auch Geburtstage gefeiert werden. Die Geburtstagstorte darf sogar von zu Hause mitgebracht werden. Möglichst wenig Abfall produzieren Beide Initianten von «Pomodorissimo» zusammen mit Karin Koepfer von Balance Bâle, Verantwortliche für den Quartiermittagstisch, haben ein ökologisches Ziel. Pro Woche wollen sie nur einen 35 Liter Abfallsack füllen. Sie trennen ganz streng Altglas, Metall, Petflaschen und anderen Plastik. Die Gemüseresten der Gemüse, welche für die Pizzas gebraucht werden, kann Karin für eine schmackhafte Suppe verwenden. (Siehe Hinweis auf den Mittagstisch auf Seite 12.) Sollte die Pizza nicht ganz verspiesen werden können, packen sie die Resten den Kunden gerne ein. Sie möchten möglichst keine Lebensmittel wegwerfen müssen! Die periphere Lage des QTP Gleis 58 lebt nicht von Laufkundschaft. Doch an Sonntagen kommen immer häufiger Spaziergänger:innen auf dem Heimweg von der Langen Erlen auf das Erlenmattareal. Im Sommer gibt es dann eine Eiskarte mit Gasparini-Eis und selbergemachtem Eistee. Konzerte wie u.a. des Werkstattorchesters im

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Ein noch nie dagewesenes Ereignis

Deutschsprachige Version des Artikels “Un evento sin precedentes” im mozaik 2 2022. Am Samstag, 26. März 2022, fand im Erlenmattquartier ein noch nie dagewesenes Ereignis statt: die erste spanische gastro-kulturelle Party / Veranstaltung in Zusammenarbeit mit dem Centro Gleis 58.  Mit mehr als 110 angemeldeten Personen (und vielen weiteren, die ohne vorherige Anmeldung kamen) war die von zwei spanischen Nachbarn – Olivier SR und Silvia SM – organisierte Party in mehrfacher Hinsicht ein voller Erfolg.  Dank der guten Arbeit eines fantastischen Teams von zwölf Freiwilligen und den Mitarbeitern von Gleis 58 erlebten die Teilnehmer einen unvergesslichen Tag und eine unschlagbare Atmosphäre, die von warmen, sonnigen und angenehmen Frühlingstemperaturen gekrönt wurde.  Menschen aller Altersgruppen und Nationalitäten folgten dem Ruf dieser phänomenalen spanischen Party, bei der jeder die für dieses Land charakteristische Herzlichkeit spüren konnte und bei der sich vor allem die anwesenden Spanier einen Tag lang wie zu Hause fühlen konnten: So fehlte es nicht an den repräsentativsten Gerichten der spanischen Küche, Sangria, guten Weinen und Bieren, einer fantastischen Auswahl an Liedern aus verschiedenen Epochen und unterschiedlichen Stilrichtungen und sogar einem grossartigen Kochworkshop mit Paella als Hauptgericht. Steven Tirrito

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